Humpert & Kösel-Humpert

Freie Architekten und Stadtplaner

Konversion Sparkassenakademiegelände, Rastatt

Gutachten:
Ausloberin:
Projektgruppe:
Freianlagen:

Platzierung:

03/2012
Stadt Rastatt, Sparkasse Rastatt
Patrick Humpert, Markus Kunkel
mit Helleckes Landschaftsarchitektur

2. Rang

STANDORTBEWERTUNG:
Gleich einer Lichtung öffnet sich das Gelände der ehemaligen Sparkassenakademie zwischen der Kreisstraße 3740 und Segelflugplatzgelände in die dicht bewaldeten Rheinauen. Derzeit besetzt, von wuchtigen Solitärbauten ohne Bezug zur Nachbarschaft.
Der nördliche und östliche Ortsrand der angrenzenden Bebauung stellt sich als baulich geschlossener, einseitig mit Straßen gefasster Rand dar. Räumliche Bezüge zum Flugfeld und dem Akademieareal sind nicht ausformuliert. Besondere Qualitäten des Planungsgebiet sind das parkartige, leicht bewegte Gelände mit dem gepflegten Rasen und den großen alten Baumgestalten, der Nähe zum offenen Flugfeld, das jedoch wegen des dichten Bewuchses derzeit nicht erlebbar ist. Sträucher, Hecken und Baumbestand bilden eine ökologisch interessante, abwechslungsreiche Flora. Der Bachlauf des Stinkgrabens lässt sich entwickeln. Verkehrslärm, ist trotz der Nähe zur Kreisstraße nicht störend aufgefallen.

LEITIDEE:
Die neue Siedlung soll sich mit der Natur und Landschaft verzahnen und durchdringen. Bestehende Qualitäten sollen erhalten, Potentiale herausgearbeitet werden. Das Erschließungssystem soll flächensparend und klar erkennbar sein. Die Baufelder flexibel in der Aufteilung und Bebauung, besonders hinsichtlich ökologischer Gesichtspunkte. Attraktive, auch der Nachbarschaft zugängliche öffentliche Freiräume sollen entstehen. Möglichst viele Randlagen. Der Kindergarten soll eine zentrale gut erreichbare Lage erhalten.

BEBAUUNGSKONZEPT:
Die Geländeaufteilung und Erschließung bestimmt die raumbildende, ortsprägende Grundstruktur des neuen Baugebiets.
Das Grundgerüst bildet ein, mit 2 Quersprossen ergänzter „Erschließungsbügel“, der das Gebiet an zwei Punkten am Rödernweg anbindet. Die Baustruktur ist dadurch im Inneren des Gebiets mehr nach innen orientiert, an den nördlichen Rändern reicht sie strahlenförmig in die Landschaft und den Wald und verzahnt sich mit diesem. Dadurch werden auch für die Standorte im inneren des Gebiets Bezüge zur Landschaft ermöglicht. Viele attraktive Randlagen werden möglich, alter, gerade für die Anfangsjahre identitätsstiftender Baumbestand kann erhalten werden. Baulinien im inneren Gebiet und Baufenster an den Rändern, gestärkt durch straßenbegleitende Baumpflanzungen, sollen die gewünschte Grundstruktur des öffentlichen Raumes sichern.
In den mittleren und südlichen Baufeldern ist eine Bebauung aus Einzel, Doppel und Reihenhäuser mit privaten Gärten vorgesehen, wobei die Mischung der Gebäudetypen, der Nachfrage entsprechend, flexibel ausfallen kann. Die Geschossigkeit sollte hier 2+Dach nicht überschreiten. Gegenseitige Verschattungen, hinsichtlich der solaren Energiegewinnung, muss vermieden werden.
Für das nord-westlich gelegene, aufgefächerte Baufeld haben wir weitgehend Geschosswohnungsbauten, die in gemeinschaftlichen Grünräumen stehen, vorgesehen. Auftakt und Abschluss bildet je ein 4 geschossiges Punkthaus. Für die nördlichen zur K3740 nach Süd- West aufgefächerten Gebäude, schlagen wir eine Geschossigkeit von 3+Dach vor. Die Wohnungen im Erdgeschoss haben kleine private Gärten, die Dachwohnungen attraktive Dachterrassen. Als Dachformen des Gebiets sind Flachdächer oder sehr flach geneigte Pultdächer, die begrünt werden können, vorgeschlagen. Die Dachbegrünung verringert die Abflussbeiwerte, ist besser für das Stadtklima, reinigt die Luft. Eine flache Dachform ermöglicht, eine unabhängig von der Gebäudeausrichtung optimale Positionierung von Energiekollektoren. Der Kindergarten identitätsstiftende Mitte am Quartiersplatz und dem Schnittpunkt der Grünzüge.

QUARTIERSPLATZ:
Im Schnittpunkt der beiden prägenden, öffentlichen Grünräume liegt der Quartiersplatz mit den Sitzstufen. Er ist ein Ort sowohl für den alltäglichen Treffpunkt wie auch als Plattform für gemeinsame Veranstaltungen und Feste der Quartiersbewohner.

FREIFLÄCHEN:
Das neue Quartier ist eingebettet in die umgebenden Waldflächen und den südliche angrenzenden offenen Wiesenbereich des Sportflugplatzes. Das Freiraumsystem der neuen Siedlung knüpft an die nördlich und südlich angrenzenden Wege entlang der vorhandenen Gräben an, um die Naherholungspotentiale für die neuen Bewohner gut einzubinden. Im Süden entsteht eine zusammenhängende öffentliche Grünfläche mit einem Quartierspielplatz am neuen Kindergarten. Der Joggingpfad entlang des südlichen Randes wird somit in einen großzügigeren Zusammenhang eingebettet. Ein kleiner Baumplatz an der Straße stellt das Entrée dieses Freiraumsystems dar. Das in offenen Rinnen geführte Regenwasser aus den Straßenräumen, das nicht im Belag versickert, mündet in einer Mulde, die eine Verbindung zum vorhandenen Weiher bekommt. Dieser stellt einen besonderen Ort in der Nachbarschaft dar und erhält einen neuen Steg. Von Norden her mündet am Quartiersplatz ein Grünzug, der die Freizeitverbindung zum nördlich außerhalb des Quartiers angrenzenden Weg herstellt und als Spielwiese oder für Nachbarschaftsfeste genutzt werden kann. Soweit topographisch möglich, sollen die vorhandenen Bäume erhalten und in das neue Freiraumsystem eingebunden werden. Ziel ist es, den räumlichen Zusammenhang zur offenen Landschaft im Süden zu erhalten und die Waldränder im Norden und Osten als ruhigen Rücken in Wert zu setzen. Entlang der Zaystraße und des Rödernweges soll eine lockere Bepflanzung einen einladenden Charakter vermitteln. Auch innerhalb der Grünzüge soll durch lockere Ergänzungspflanzungen dieses Bild vermittelt werden. Entlang der Wohn- und Erschließungsstraßen sowie an den besonderen Orten im Freiraumsystem sollen die Bäume als Reihen oder Baumdach ausgerichtet werden. Sämtliche Grünräume werden als Rasenflächen mit Bäumen ausgebildet. Wege und Platzbereiche bestehen aus wassergebundenen Decken. Besondere Orte wie das Entréebaumdach und der Quartiersplatz erhalten zusätzliche Sitzmöglichkeiten.

GELÄNDEAUFFÜLLUNG:
Das Auffüllen des Geländes wurde auf das für die Erschließung und Bebauung notwendige Maß beschränkt. Ausgesuchte Bestandbäume wie z.B. die großen Weiden u.a. werden erhalten und sind so schon von Baubeginn an, prägende, identitätsstiftende Strukturen. Die mit Bäumen bewachsenen Hügel im Westen zur Kreistraße sind zu dem auch ein guter Lärm- und Sichtschutz.

ERSCHLIESSUNG:
Eine senkrecht auf dem Bestand stehende mit einem Schwung das Gelände erfassende Leiterstruktur bildet das Grundgerüst der Erschließung. Die Fahrbahnen sind über Pflasterinnen in Fußgänger und Parkierungszonen gegliedert. Die Kreuzungsbereiche werden durch Farbwechsel im Belag markiert. Die öffentliche Parkierung findet im Straßenraum auf Seiten der Baumstandorte statt. Die Quersprossen sind grundsätzlich als Spielstraßen aus gebildet. Die private, den Häusern und Wohnungen zugeordnete Parkierung ist vor, neben und bei den Geschossbauten, unter den Gebäuden vorgesehen. Die oberirdischen Stellflächen sind teilweise unter begrünten Carports vorgesehen. Das Fußwegenetz verbindet innerhalb des Gebiets weitgehend über die Grünzüge die Nachbarschaft und diese mit der Landschaft. Kurze Stichwege aus den Erschließungsstraßen ermöglichen einen direkten Zugang sowohl zu den Naherholungsflächen wie auch zu den Bushaltestellen in der Zaysstraße.

NACHHALTIGKEIT:
Die Orientierung der Gebäude mit den Flachdächern ermöglicht eine optimale energetische Ausnutzung und die Verringerung der Abflußbeiwerte durch Dachbegrünung. Überschüssiges Dachflächenwasser kann auf den Privatflächen versickert oder in Zisternen gespeichert werden. Oberflächenwasser der Straßen und Wege wird direkt (Dränfugenpflaster) oder über offenen Gräben in den öffentlichen Grünräumen versickert. Der vorhandene Schilfteich wird integriert. Ein sorgsamer Umgang mit der vorhandenen Topographie und dem gewachsenen Boden und entsprechender Erhalt von vorhandenen Bäumen, soll den Eingriff mildern.

SOZIALE ASPEKTE:
Zu einem guten Standort gehört die dauerhafte soziale Ausgeglichenheit. Die Mischung verschiedener Gebäudetypen ermöglicht verschiedene Wohnformen die unterschiedlichen Bedürfnissen entsprechen können. Das betrifft sowohl die unterschiedlichen Lebensentwürfe wie auch die finanziellen Möglichkeiten. Ein Mix von Familien mit und ohne Kinder, von Alleinstehenden, Senioren, Generationen übergreifender Bevölkerung, kann hier einen qualitätsvollen, den Ansprüchen entsprechenden, Wohnort finden. Das Angebot der öffentlichen Freiflächen ermöglicht ungezwungene Begegnungen der Bewohner und Bildung von Nachbarschaften.
Die variable Bebauung der Baufenster lässt eine Anpassung an die letztendlich sich wirklich darstellende Nachfrage zu, ohne die städtebauliche Grundstruktur zu zerstören.

BAUABSCHNITTE:
Die Erschließung lässt eine Bebauung in mehreren Bauabschnitten zu. Derzeit kann, bei einer zügigen Umsetzung des Bebauungsplans, jedoch davon ausgegangen, werden dass es bedingt durch die enorme Nachfrage, zu einer zügigen Bebauung des gesamten Geländes kommt.

GEBÄUDETYPEN:
Das Füllen der Baufelder ist je nach Nachfrage mit unterschiedlichen Bautypen möglich. Voraussetzung ist, dass die Verschattung der Gebäude untereinander so gering wie möglichst gehalten und für die privaten Freiräume zwischen den Gebäuden eine hohe Aufenthaltsqualität für die Bewohner gewährleistet wird. Standorte mit Reihen- oder Doppelhäuser können auch mit Einfamilienhäusern bebaut werden.