Humpert & Kösel-Humpert

Freie Architekten und Stadtplaner

Wohngebiet „Im Längelter“, Heilbronn

Wettbewerb:
Ausloberin:
Projektgruppe:
Freianlagen:

Platzierung:

07/2019
Stadt Heilbronn
Patrick Humpert, Karin Weber, Sabine Beyer
mit stadtlandplus, Karlsruhe

3. Platz

Ein Stadtteil mit guten Nachbarschaften,
Naherholungsangeboten und Landschaftsbezügen.
Ein Stadtteil zum Wohlfühlen.
Ein neues Zuhause.

LEITIDEE:
Der Planung zugrunde liegt folgende Leitidee:
Das zukünftige Baugebiet soll ein Stadtteil mit hoher Wohnqualität und Wiedererkennungswert werden. Mit einem starken Ortscharakter durch prägende Stadt- und Freiräume, einer gemeinsamen Mitte. Mit einer sehr guten An- und Einbindung des Bestands an die neuen Strukturen. Ein Stadtteil für ALLE: Familien, Kinder, Rentner, Singles, junge und alte Menschen, Menschen mit unterschiedlichen Einkommensverhältnissen. Die schöne Landschaft soll allen Bewohnern auf kurzem Wege zugänglich sein.
Es soll eine Verknüpfung der Grünräume über das Hochplateau zwischen Sonnenbrunnen und Ziegeleipark entstehen, die sowohl den neuen und alten Bewohnern, als auch der Fauna (u.a. den Fledermäusen) und der guten Belüftung dient.
Durch eine klare, ökonomische Erschließung und die Vermeidung von Durchgangsverkehr stört der motorisierte Verkehr die Wohn- und Aufenthaltsqualität nicht. Spielstraßen und Quartiersplätze unterstützen als Treffpunkte die Nachbarschaftspflege. Die neu entstehenden Baufelder müssen eine flexible, bedarfsorientierte Belegung vom Geschosswohnungsbau bis zum Einfamilienhaus zulassen. Möglichst viele Wohnlagen sollen Bezüge zu internen Grünräumen oder zur offenen Landschaft erhalten. Die Erfahrbarkeit der Natur im Kleinen und der Landschaft im Großen wird gefördert. Das Bewusstsein für Natur und Landschaft wird gestärkt.

BEBAUUNG/ GEBÄUDETYPEN:
Das neue Baugebiet lässt sich in 5 Baufelder/ Bauabschnitte einteilen. Baufeld 1, zwischen der neuen Erschließung und dem Schulzentrum, ist geprägt durch eine Randbebauung mit Mehrfamilienhäusern und Reihen-und Doppelhäusern im Inneren. Die Hauptausrichtung ist aufgrund der Hanglage in Nord-Südrichtung. An der Ecke Längelterstraße können besondere Wohnformen in einem größeren Komplex angesiedelt werden.
Baufeld 2 liegt auf der gegenüberliegenden Seite und schließt an den Bestand der Sickingenstraße an. Einzel-, Reihen- und Doppelhäuser bilden im Norden den Abschluss zum Sonnenbrunnen. In der Mitte um den Quartiersplatz sind Mehrfamilienhäuser in Form von Geschosswohnungsbauten und Stadthäusern geplant. Die Mehrfamilienhäuser am südlichen Rand zum Grünzug sind so gestellt, dass sie Durchblicke für die Bewohner aus der zweiten Reihe und Belüftung zulassen.
Baufeld 3, über die Sickingerstraße erschlossen, liegt südlich des Grünzugs. Die nördliche Randbebauung entspricht mit Einzel-, Reihen und Doppelhäusern der Randbebauung von Baufeld 2. Der südliche Rand aus Einzel-, Doppel- und Reihenhäusern rundet den Bestand ab.
Baufeld 4 ist entlang der Längelterstraße geprägt von Wohnbauten, die am flexibelsten für unterschiedliche Wohnmodelle sind. Hier können Typen wie klassischer Geschosswohnungsbau, das gestapelte Reihenhaus und Baugruppen (usw.) sich das Baufeld mit kleineren Einheiten wie z.B. Reihenhäuser teilen. Hier können sowohl Wohnungen mit kleinen privaten Gärten im Erdgeschoss angeboten werden, als auch attraktive Etagen- und Loftwohnungen unterschiedlicher Größe. Am östlichen Ende zum Grünzug ist der Kindergarten vorgesehen. Der westliche Rand bildet den Raumabschluss zum Stadteilpark.
Hier können Einrichtungen zur Nahversorgung untergebracht werden, wie z.B. Apotheke, Bäcker, Metzger und Dienstleistungen (Ärzte, Friseur, etc.), Schön wäre hier auch ein Stadtteilraum, der sich für öffentliche und private Veranstaltungen mieten lässt.
Das Restaurant/Café ist ein Solitär, der Teil der Platzgestaltung ist und sich in diese einfügt.
Den südlichen Rand (die „Hangkante“) von Baufeld 4 und 5 bilden locker platzierte Punkthäuser. Die Platzierung ist so gewählt, dass Durchblicke für die Bewohner aus der zweiten Reihe in die Landschaft, die notwendige Belüftung und Wegeverbindungen zum Panoramaweg ermöglicht werden.
Baufeld 5 ist eine Fortführung von Baufeld 4. Am westlichen Abschluss zu Kindergarten und Bolzplatz ist eine Fläche zum Aufstellen von „Tiny Houses“ vorgesehen. Damit wird auf die Nachfrage nach minimalistischem, experimentellem Wohnen eingegangen.
Grundsätzlich gilt: Die Baufelder lassen sich so organisieren, dass die Mischung der Gebäudetypen der Nachfrage entsprechend flexibel gestaltet werden kann, ohne die städtebauliche Grundstruktur zu zerstören. Diese Mischung ermöglicht wiederum verschiedene Wohnformen, die unterschiedlichen Bedürfnisse decken. Durch die Anordnung der Bebauung um private Wohnhöfe mit Spielplätzen werden kleine Nachbarschaften gebildet. Flache Dachformen haben den Vorteil, dass sie Dachbegrünung zulassen, die zur Verbesserung des Stadtklimas beiträgt und dass sie eine von der Gebäudeausrichtung unabhängige Positionierung von Energiekollektoren ermöglichen. Innerhalb der Baufelder kann die Geschosszahl von II+Dach bis III+Dach flexibel variieren. An der Längelterstraße und am Panoramaweg ist eine homogene Gebäudehöhe III+Dach vorgesehen. Die nördlichen Platzecken werden durch ein zusätzliches Geschoss akzentuiert.

FREIRÄUME:
Das Angebot der öffentlichen Freiflächen ermöglicht ungezwungene Begegnungen der Bewohner und die Bildung von Nachbarschaften. Sie bilden den Raum für die fuß- und radläufige Erschließung, schaffen Zonen für zentrale Spiel- und Aufenthaltsflächen und dienen der Regenrückhaltung. Freiraumachsen ziehen sich durch das Neubaugebiet in Nord-Süd-Richtung. Sie bringen Frischluft und verbinden die Quartiere mit der offenen Landschaft. Ein weiterer Stich geht nach Osten, der das Neubaugebiet mit den bestehenden Quartieren verbindet. Diese Freiraumachsen halten verschiedene Aktivitäten wie Bolz- und Spielplätze, Hunde- und Liegewiesen bereit. Zudem wird über diese Achsen das Oberflächenwasser in die Retentionsflächen bzw. den Wolfsgraben geleitet. Staudenpflanzungen unterstreichen die Biodiversität. Als zentrales Element zieht sich ein großer Freiraum von der Christiane-Herzog-Schule über das Plateau bis an den Rand des Bebauungsgebiets in Richtung Ziegeleipark. Dieser startet mit einem zentralen Platz, der als Begegnungsort für Schüler und Bewohner dient. Er wird gerahmt von Gebäuden mit öffentlichen Nutzungen in den Erdgeschosszonen. Ein eingestellter Baukörper mit gastronomischer Belegung lädt zum Verweilen ein. Das Wasserspiel in der Mitte des Quartiersplatzes verbessert das Kleinklima und ist ebenfalls an das Entwässerungssystem angeschlossen. Die Grünzüge werden naturnah ausgebildet und bieten gleichzeitig die erforderlichen Ausgleichsflächen für das Gebiet. Lockere Baumstellungen mit Obstgehölzen greifen das Motiv der Streuobstwiesen auf und lassen die Landschaft in den Siedlungsraum hineinfließen. Ein großer Teil des Baumbestandes kann erhalten werden. Ein durchgängiger Baumbestand soll den Flug der Fledermäuse durch das Gebiet unterstützen. Entlang der Parkierung werden kleinkronige, blühende Gehölze vorgesehen, die keine Früchte tragen, wie Rotdorn (Crataegus laevigata), auf den Plätzen Zierobstgehölze und Nussbäume. Ein weiteres ortsprägendes, besonderes Element ist der Panoramaweg. Er verläuft entlang der Hangkante zwischen Bauland und Kleingartenanlagen. Vor hier aus können die ökologisch hochwertigen Hangflächen mit Streuobstwiesen und Trockenmauern gut betrachtet werden. Er verknüpft in Ost-West-Richtung das neue Wohngebiet und die bestehenden Quartiere mit dem westlichen Wegesystem. Des Weiteren bildet er eine Aussichtsplattform zur offenen Landschaft und schafft so die Symbiose zwischen Wohnen und Naherholung. An seinem Endpunkt lädt er zu einem einmaligen Panoramablick auf den Heuchelberg ein. Durch die Achsen und den verbindenden Panoramaweg wird ein Grünsystem geschaffen, welches sich zusammen mit den Gärten, Quartiersplätzen und Wohnhöfen durch das Gebiet zieht und Anschluss an die bestehenden Grünstrukturen hat. Vielfältige Aktivitäten können dadurch bereits im Wohngebiet angeboten werden.
Naherholung beginnt direkt vor der Haustür. Vom Panoramaweg aus führt ein sanft abfallender Weg durch die Kleingartensiedlung und knüpft eine Verbindung zum Ziegeleipark. Einzelne Terrassen mit unterschiedlichen Attraktionen ergänzen den Nachbarschaftscharakter. Trockenmauern, die in den Hängen eingebracht werden dienen Eidechsen als Habitat. Streuobstwiesen und Wildblumenflächen unterstützen die Insekten- und Vogelvielfalt. Kleingartenparzellen, die frei werden, können in Zukunft zu Gemeinschaftsgärten umgenutzt werden. So könnte ein Garten zum Grillplatz werden, der für Feste gemietet werden kann. Ein anderer Garten könnte mit Baumschaukeln und Hängematten bestückt werden, um die Seele baumeln zu lassen.

ERSCHLIESSUNG:
Von der Längelterstraße werden die angrenzenden Baufelder für den KFZ-Verkehr über „Henkel“ erschlossen. Querverbindungen untereinander sind nur für Fuß- und Radverkehr vorgesehen. Die Wohnstraßen sind teilweise als Spielstraßen ausgebildet. Die Fahrbahnen und Wege in diesem „shared space“, haben durch den einheitlichen Belag eine homogene Fläche, die nur über Pflasterrinnen gegliedert ist. Kleine Quartiersplätze ergänzen diese Bereiche und dienen als Treffpunkt.
Die Lage des Kindergartens an der Haupterschließung vermeidet eine Störung des Wohngebiets durch externen Bring- und Abholverkehr. Die alte Anbindung der Längelterstraße an die Friedrichstraße wird unterbrochen. Der östliche Bestand und der überwiegende Teil des neuen Wohngebiets sind dann nur noch für den nicht motorisierten Verkehr miteinander verbunden. Gute, vielfältige, durchgängige Anbindungen für Fußgänger und Radfahrer an die Erschließung der bestehenden, angrenzenden Stadtgebiete sind geknüpft. Überall im Gebiet verlaufen Fuß- und Radwege über die Grünzüge, den Panoramaweg und den Stadtteilplatz, die an das bestehende landwirtschaftliche Wegesystem im Westen angeknüpft sind. So werden die Nutzer zu einem Spaziergang in den offenen Landschaftsraum mit seinem fantastischen Panorama direkt im Quartier abgeholt.
Kurze Stichwege aus den Erschließungsstraßen ermöglichen einen direkten Zugang zu den Naherholungsflächen, zu den Nachbarn untereinander, zum Kindergarten und der „Ortsmitte“. Die Anbindung der Schulwege über dieses Fuß-und Radwegenetz zur genannten Grundschule in Alt-Böckingen und den weiterführenden Schulen in Nord-Böckingen ist ebenfalls gewährleistet. Die Bushaltestellen für den ÖPNV sind entlang der Längelterstraße in unmittelbarer Nähe zur Schule und dem neuen Kindergarten angeordnet.
Stellplätze:
Die öffentliche Parkierung findet jeweils auf einer Straßenseite statt und wird mit kleinkronigen Gehölzen überstellt. Die private Parkierung ist vor oderneben den Gebäuden und für Geschossbauten in Tiefgaragen vorgesehen. Die oberirdischen privaten Stellflächen sollen teilweise unter begrünten Carports liegen. Die Stellplätze für Carsharing sind in zentraler Lage am Platz vorgesehen.

NACHHALTIGKEIT:
Eine Verringerung der Abflussbeiwerte durch Dachbegrünung wird empfohlen. Überschüssiges Dachflächenwasser kann auf den Privatflächen in Teichen gesammelt, verdunstet oder in Zisternen gespeichert werden. Überschüssiges Regenwasser und sonstiges Oberflächenwasser wird über ein offenes Entwässerungssystem in die Freiraumachsen geleitet. Dieses besteht aus Mulden, offenen Gräben, und geschlossenen Leitungen Flächen wie Liegewiesen werden muldenartig ausgebildet, damit diese als Rückhaltebecken bei Starkregenereignissen funktionieren. Diese Retentionsflächen sind mit Überläufen verbunden, die das Wasser weiterverteilen.. Das Wasser wird über offene Wasserläufe in das Retentionsbecken am Bruhweg und in den Wolfsgraben geleitet. Die Entwässerung wird dadurch auch zu einem Gestaltungselement, das sich durch das ganze Wohngebiet zieht.

KITA:
Die Kita liegt zentral am Kreuzungspunkt zweier Grünzüge. Gefahrlos zu Fuß oder mit den Rad erreichbar. Die Lage des Eingangs zur Längelterstaße und dem davor gelagerten Stellplätzen verhindert störenden Bring- und Holverkehr in den Wohnquartieren.
Die dem Kindergarten zugeordneten Freiflächen öffnen und integrieren sich in den Grünzug. Der angrenzende Quartiersplatz ist ein Treffpunkt für Eltern und Anwohner.